Ist der Ausbau der Bahnstrecke Leipzig-Chemnitz tatsächlich gefährdet? Manche Medienberichte suggerieren das. So auch ein Beitrag in der Chemnitzer „Freien Presse“. Aber stimmt das überhaupt? Mit einem „Chemnitzer Bahngipfel“ sollten die Befürchtungen vom Tisch geräumt werden. Die Linke im Landtag stellt gleich mal einen Haushaltsantrag. Und eine Grünen-Anfrage bringt völlig andere Antworten.
Die Chemnitzer „Freie Presse“ berichtete, dass der zweigleisige Ausbau der Bahnverbindung zwischen Leipzig und Chemnitz gefährdet ist. Weil die Staatsregierung die Mittel gekürzt habe, könne nicht der gesamte Verlauf des Streckenausbaus geplant werden. Der Ausbau werde zudem teurer als geplant. Zumindest das Letztere stimmt.
Auf dem am 5. Mai einberufenen „Chemnitzer Bahngipfel“ stand die zuständige Regionalministerin Regina Kraushaar Rede und Antwort. Und gab auch die Zusicherung ab, bis zum Juni eine Lösung für die fehlenden Gelder zu suchen.
Bahninitiative Chemnitz und PRO BAHN zuversichtlich
Die Bahninitiative Chemnitz bewertet die Zusicherungen der Sächsischen Staatsministerin für Infrastruktur und Landesentwicklung beim Chemnitzer Bahngipfel am 5. Mai zumindest positiv. Die Staatsministerin hatte die hohe Priorität des Projekts der Elektrifizierung und Zweigleisigkeit der Strecke zwischen Chemnitz und Leipzig und deren Bedeutung als wesentliche Verbindung zweier Großstädte und Wirtschaftsregionen betont.
Regina Kraushaar hatte zum Bahngipfel zugesichert, eine Lösung für die Finanzierung der Mehrkosten der Planungsleistungen für den Südabschnitt Chemnitz – Geithain bis zum 30. Juni 2025 zu finden. Einig waren sich die Teilnehmenden dabei auch, dass hierbei der Kompromiss aus dem November 2023 umgesetzt werden muss. Dieser sieht lediglich zwei kleinere eingleisige Streckenabschnitte mit einer Länge von insgesamt ca. 2,6 km sowie eine Erhöhung der Resilienz der Strecke vor.
„Diese Zusicherungen sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, auch wenn wir uns gewünscht hätten, darüber gar nicht erst auf Bahngipfeln erneut sprechen zu müssen. Die in 2023 gefundene Einigung zwischen dem Freistaat Sachsen, Deutscher Bahn, Stadt Chemnitz sowie den Wirtschafts- und Fahrgastvertretern darf nicht erneut zur Diskussion gestellt werden. Das sind alle Akteure den Bürgerinnen und Bürgern wie auch den Unternehmen der Region Südwestsachsen schuldig“, betont Sebastian Drechsler, Sprecher der Bahninitiative Chemnitz.
„Den Worten müssen nun auch Taten folgen. Es ist entscheidend, dass die Planungen ohne Unterbrechung zügig umgesetzt werden, um die dringend benötigte Verbesserung der Schienenanbindung zu realisieren. Die dann gefundene Finanzierungslösung darf aber nicht dazu führen, dass an anderen Schieneninfrastruktur- oder ÖPNV-Projekten gespart wird“, gibt Markus Haubold, Vorsitzender des Fahrgastverbands PRO BAHN Mitteldeutschland, zu bedenken.
Linke stellt Haushaltsantrag
In der Linksfraktion im Sächsischen Landtag war man durch die Meldungen zum Ausbau dieser wichtigen Bahnverbindung alarmiert.
Die Vorsitzende und Chemnitzer Abgeordnete der Linksfraktion, Susanne Schaper, erklärte gemeinsam mit dem verkehrspolitischen Sprecher Stefan Hartmann, am Freitag, 9. Mai: „Die beiden Metropolregionen müssen mit einer elektrifizierten Bahnstrecke verbunden werden, und das zweigleisig. Sonst gibt es keinen schnellen, attraktiven und sicheren Eisenbahnverkehr. Genau das fordern wir seit über einem Jahrzehnt im Landtag ein.
Es wäre töricht, die schon erfolgten Planungsleistungen jetzt zu entwerten, indem ein Großteil der Strecke nur eingleisig geplant wird – dann kann er schließlich nur eingleisig gebaut werden und die Strecke wird kaum in einer attraktiven Taktung befahrbar sein. Die Linksfraktion beantragt daher in der Haushaltsverhandlung, die nötigen Planungsmittel für den weitgehend zweigleisigen Ausbau verfügbar zu machen.“
Und alarmiert war man auch in der Grünen-Fraktion in Landtag. Die verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion, Katja Meier stellte, lieber eine Anfrage an die Staatsregierung. Und bekam Antworten, die dann doch etwas anders klangen.
Aus Sicht der Regierung sind die Planungen nicht gefährdet
Die Planungen zum zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke seien überhaupt nicht gefährdet, antwortete ihr die Staatsministerin für Infrastruktur und Landesentwicklung Regina Kraushaar.
„Die durch den Freistaat Sachsen beauftragten Planungen zum zweigleisigen Ausbau im Streckenabschnitt zwischen Geithain und Chemnitz befinden sich gegenwärtig in der Entwurfs- und Genehmigungsplanung. Der Abschluss dieser Leistungsphasen inklusive Planrechtsverfahren ist für Ende 2029 vorgesehen“, antwortete sie.
Und: „Gegenwärtig sind keine Verzögerungen zu verzeichnen. Das Projekt hat im Freistaat höchste Priorität und die Deutsche Bahn ist aufgefordert, die Maßnahmen weiterhin zu planen. Die durch das Staatsministerium für Infrastruktur und Landesentwicklung (SMIL) vorgenommenen Mittelansätze des Regierungsentwurfes zum Doppelhaushalt 2025/2026 ermöglichen eine Ausfinanzierung der bestehenden Planungsaufträge, die in den Vorjahren zwischen dem Freistaat Sachsen und der Deutschen Bahn (DB) unterzeichnet wurden.
Die Höhe, die Inhalte sowie die Finanzierung des durch die Deutsche Bahn angezeigten Mehrbedarfes werden gegenwärtig durch das SMIL und die DB AG verhandelt. Auf Basis der aktuellen Haushaltsansätze des Regierungsentwurfes 2025/2026 ist der Abschluss weiterer Finanzierungsvereinbarungen für die Leistungsphase 5 fortfolgende gegenwärtig nicht möglich, jedoch auch nicht erforderlich. Die Beauftragung dieser Planungsleistungen ist für den Doppelhaushalt 2027/2028 ff. vorzusehen.“
Was ja wohl heißt, dass in diesem Fall keine Kürzungen im sächsischen Haushalt für die aktuellen Finanzierungsprobleme verantwortlich sind.
Das betonte Regina Kraushaar auch noch einmal: „Für die über die Planungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen Freistaat Sachsen und Deutscher Bahn vertraglich vereinbarten Leistungen stehen die nötigen Finanzmittel im aktuellen Haushalt zur Verfügung.“
Die Finanzierungslücken sind hingegen bei der Deutschen Bahn aufgetaucht. Die beziffert das Ministerium auch in seiner Antwort an Katja Meier: „Der gegenwärtig durch die Deutsche Bahn vorgetragene und bezifferte Mehrbedarf der Planungen der Leistungsphasen 1 – 4 HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) beläuft sich auf insgesamt 8,28 Mio. EUR. Für das Jahr 2025 wären 2,5 Mio. EUR Barmittel und für die Jahre 2026 bis 2029 VE in Höhe von 5,7 Mio. EUR erforderlich. Die Höhe, die Inhalte sowie die Finanzierung des durch die Deutsche Bahn angezeigten Mehrbedarfes wird gegenwärtig durch das SMIL und die DB AG verhandelt.“
Das ist der Punkt, für den Regina Kraushaar bis Ende Juni eine Lösung finden will.
Empfohlen auf LZ
So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:
Es gibt 7 Kommentare
@sebastian
Die MRB befährt in Sachsen mehrere Strecken. Chemnitz – Elsterwerda wird bspw. mit modernen Niederflurfahrzeugen befahren. Gleiches gilt für DD – Chemnitz – Plauen – Hof. Da funktioniert das ganz hervorragend mit gepflegten, leisen Niederflurfahrzeugen. Weshalb das dort funktioniert? ZVNL und VMS bekommen auf diesen Strecken ein Korrektiv durch Zweckverbände, denen die Fahrgäste nicht egal sind.
Sie wissen das also nicht. Gehts nur um den Begriff an sich?
Die DB kann schon deshalb kein Billigheimer sein, weil sie ein ganz anderes Flächenangebot hat. Die “tollen” Konkurrenten wie der Flixtrain können ihre Flotte ganz haarscharf auf die wenigen Strecken ausrichten, die sie sich als Sahnestücke herauspicken, und danach darf über den großen Apparat DB gelästert werden, und wie effizient man es selbst hinbekommt.
Zaubern kann die DB auch nicht, aber was die MRB in Sachen Rollmaterial auf die Beine stellt ist unterirdisch. Es gibt nicht mal einen “Einschubwagon” zwischen Lok und erstem Wagen, damit dieser nicht in einer Richtung gesperrt werden muss. Von einem weiteren Doppelstockwagon gleicher Art, um das Gerammel zu Stoßzeiten (haha) abzufedern ganz zu schweigen.
Mir fällt keine schlechtere Strecke in Sachsen ein. Und wenn man all das mit dem VMS zu erklären versucht, dann gibts immer noch das Problem der ausfallenden Loks, was ein großer Betrieb wie die DB anders lösen könnte. Weil sie kein Billigheimer ist.
Ob die MRB ein Billigheimer ist kann ich nicht sagen. Es gewinnt eine Ausschreibung ja immer der preisgünstigste entsprechend den gestellten Anforderungen. Demnach sind auch DB Regio oder die Länderbahn “Billigheimer” in den Netzen, in denen sie Leistungen erbringen. Nur sind dort die gestellten Anforderungen (insbesondere an den Wagenpark) scheinbar andere gewesen. Dem VMS sind die Fahrgäste auf der Strecke Leipzig – Chemnitz aber scheinbar egal. Die Silberlinge hätten dort z. Bsp. gar nicht fahren können, wenn niederflurige Wagen gefordert gewesen wären…
Hallo TLpz,
> “Nein! Erhalten hat derjenige die Strecke bekommen, der die ausgeschriebene Leistung am günstigsten anbietet.”
Aber das meine ich doch gerade.
Und die MRB ist kein Billigheimer?
Ich will nicht alle Privatbahnen dazu zählen, gerade Abellio macht doch nen ganz guten Job, finde ich.
Geplant/angeboten wurde ja anderes Wagenmaterial, wobei das Problem dabei im Artikel vom 22.4.2024 im letzten Abschnitt benannt wurde: “Der VMS hat sich dafür entschieden, bei Neuanschaffungen das rollende Material selbst zu beschaffen und den beauftragten EVU zu überlassen. Er ist somit auch Vertragspartner von Alstom.”
> ” Wegen unserem tollen Ausschreibungssystem hat ein Billigheimer die Strecke bekommen…”
Nein! Erhalten hat derjenige die Strecke bekommen, der die ausgeschriebene Leistung am günstigsten anbietet. Und wenn seitens des Auftraggebers keine Anforderungen an das Rollmaterial gestellt werden, kommt eben so etwas dabei heraus. Ja, die leidtragenden sind die Fahrgäste. Das der MRB alleine in die Schuhe zu schieben, ist falsch. Und das Ausschreibungssystem hat schon seinen Sinn, man muss jedoch die Anforderungen entsprechend stellen.
> “Die beiden Metropolregionen müssen mit einer elektrifizierten Bahnstrecke verbunden werden, und das zweigleisig. Sonst gibt es keinen schnellen, attraktiven und sicheren Eisenbahnverkehr.”
So sehr dieses Bauprojekt auch endlich durchgesetzt werden sollte, auch aus Gründen der Flexibilität bei Umleitungsverkehr, sehe ich die eigentlichen Probleme eher in der täglichen Befahrung durch die MRB. Die Linie hat mit DB-Fahrzeugen doch mal funktioniert, und zwar so eingleisig wie sie heute ist. Wegen unserem tollen Ausschreibungssystem hat ein Billigheimer die Strecke bekommen und es läuft einfach nicht. Nun, wo die alten Wagons nicht mehr da sind und durch Doppelstöcker ersetzt wurden, sperrte man den ersten Wagen hinter der Lok wegen eingesaugten Dieselabgasen, wenn die Lok den Zug zieht.
Natürlich fiel das nicht auf bei den Erprobungen, die die MRB im Vorfeld machte. Natürlich lässt sich kein extra (notfalls andersartiger) Wagon zwischen Lok und erstem Wagen einfügen, damit nicht ein Drittel Kapazität verlorengeht in eine Richtung. Auch die vielen Türstörungen bekommt man bei diesem Allerweltswagontyp nicht in den Griff. Auch die Loks fallen regelmäßig aus und der Ersatzverkehr ist entweder unzuverlässig oder kommt gar nicht. Reserveleistungen an Loks gibt es offenbar nicht. Würde ja auch Geld kosten.
Klar, man kann jetzt den Hersteller der neuen, nicht gelieferten Triebfahrzeuge verantwortlich machen, aber aus Fahrgastsicht möchte die MRB so sparsam wie möglich diesen Betrieb abwickeln, was all die Jahre schon so war, und die Folgen trägt der Fahrgast. Da muss man nicht über Millionen für zweigleisigen Ausbau streiten, sondern da müsste von politischer Seite mal Druck auf den Betreiber ausgeübt werden aus meiner Sicht. Er kann auch gern mit Klagen überzogen oder anders zum Handeln gezwungen…Hauptsache es ändert sich endlich etwas.