Es ist nicht neu. Seit Jahren schon nutzten Rechtsextreme von weit und breit das so genannte Dresdner Gedenken am 13. Februar für ihre Aufmärsche. Und jahrelang schien das die sächsische Regierung nicht wirklich zu stören. Anders als die Prtotese gegen diese Nazi-Aufmärsche, die oft mit rigider Polizeigewalt unterbunden wurden.

Doch der Jahrestag der alliierten Luftangriffe auf die Landeshauptstadt Dresden am 13. Februar 1945 jährt sich dieser Tage zum 80. Mal. Und erstmals warnt das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz etwas deutlicher vor diesem Auflauf der Rechtsextremen, wie man das in den Vorjahren nicht kannte.

Dieses Datum ist für die rechtsextremistische Szene in Deutschland seit Jahren zum Ritual ihres „historischen Gedenkens“ geworden, stellt das Landesamt für Verfassungsschutz fest. Im Vorfeld dieses runden Jahrestages beobachtet das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen eine bundesweit massive Mobilisierung der rechtsextremistischen Szene für den 13. bis 15. Februar in Dresden.

Ziel der Rechtsextremisten sei es einmal mehr, das Gedenken an die Bombardierung im Sinne ihrer verfassungsfeindlichen Ideologie zu vereinnahmen. In geschichtsrevisionistischer Lesart werden dabei die deutschen Opfer des Bombenangriffs besonders hervorgehoben und eine übertriebene Zahl an Todesopfern angegeben. Auf diese Weise pflegt die rechtsextremistische Szene ihr Narrativ des „Bombenholocausts“, das im Sinne einer Täter-Opfer-Umkehr der Relativierung des nationalsozialistischen Holocausts dient.

„Für die rechtsextremistische Szene in ganz Deutschland ist der Jahrestag der alliierten Luftangriffe auf Dresden im Zweiten Weltkrieg ein Pflichttermin“, sagte Dirk-Martin Christian, Präsident des LfV Sachsen.

„Es ist zu erwarten, dass ein breites rechtsextremistisches Spektrum zum 80. Jahrestag in Dresden Präsenz zeigen wird, um einen möglichst großen Teil der Szene hinter geschichtsrevisionistischen und NS-Verbrechen relativierenden Narrativen zu versammeln.“

Im Vorfeld des Termins verzeichnet das LfV Sachsen Mobilisierungen sowohl aus dem parteiungebundenen Spektrum, zu dem die neonationalsozialistische und subkulturell geprägte rechtsextremistische Szene gehört, als auch aus dem rechtsextremistischen Parteienspektrum. Anreisen von Rechtsextremisten aus dem gesamten Bundesgebiet und dem Ausland seien ebenfalls zu erwarten. Für den Zeitraum vom 13. bis 15. Februar haben Rechtsextremisten in Dresden neben dem „Gedenkmarsch” unter anderem Mahnwachen, eine Ausstellung zur Bombardierung sowie ein Protestcamp angekündigt.

Rechtsextremistischer „Gedenkmarsch“ bildet den Höhepunkt der Szeneaktivitäten

Höhepunkt der rechtsextremistischen „Gedenkveranstaltungen“ bildet der sogenannte „Gedenkmarsch“ am 15. Februar in Dresden, organisiert durch den bekannten Rechtsextremisten Lutz Giesen. Hierzu verzeichnet das LfV Sachsen vor allem in den sozialen Medien zahlreiche Mobilisierungsaufrufe rechtsextremistischer Akteure und Gruppierungen.

Zur Teilnahme rufen unter anderem die neonationalsozialistische Gruppierung „Balaclava Graphics Bautzen“ sowie die rechtsextremistischen Parteien „Freie Sachsen“ und „Die Heimat“ auf. Auch Gruppierungen aus dem Spektrum der jungen, aktionsorientierten Rechtsextremisten, die im vergangenen Jahr die Gegenproteste der Szene gegen CSD-Veranstaltungen in Sachsen geprägt haben, rufen zur Teilnahme am Gedenkmarsch auf.

Diese Mobilisierungsaufrufe, u. a. in Form von Banneraktionen in den sozialen Medien, machen macxhen aus Sicht de Landesamtes für Verfassungsschutz einmal mehr deutlich, dass diese Gruppierungen auf den Eventcharakter rechtsextremistischer Veranstaltungen setzen.

„Die Mobilisierung junger Rechtsextremisten für den ‚Gedenkmarsch‘ in Dresden bestätigt einmal mehr die Verjüngung der rechtsextremistischen Szene in Sachsen“, so LfV-Präsident Dirk-Martin Christian. „Dabei spielen die sozialen Medien und Inhalte, die auf diese junge Zielgruppe zugeschnitten sind, eine zentrale Rolle.“

Neben der rechtsextremistischen Szene haben auch Akteure aus dem extremistischen Phänomenbereich „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ Veranstaltungen im Kontext des 80. Jahrestages der alliierten Luftangriffe auf Dresden angemeldet. Diese Extremisten wollen das Gedenken ebenfalls für sich instrumentalisieren, um öffentlichkeitswirksam eigene Narrative zu verbreiten. Es ist dabei nicht ausgeschlossen, dass diese Akteure sich auch rechtsextremistischen Veranstaltungen anschließen.

Linksextremisten könnten sich an Gegenprotesten beteiligen

Gegen die rechtsextremistischen Veranstaltungen in Dresden ist bereits breiter Protest angekündigt worden, wobei der Schwerpunkt auf Protestveranstaltungen gegen den „Gedenkmarsch“ liegen wird. Hierzu sind bereits zahlreiche – nicht extremistische – Veranstaltungen angemeldet worden.

Aber dieser demokratische Gegenprotest ist aus Sicht des Verfassungsschutzes eigentlich nicht das Problem. Er befürchtet eher: „Unter die nicht extremistischen Gegenproteste könnten sich nach Einschätzung des LfV Sachsen auch linksextremistische Akteure und Gruppierungen mischen, die diesen alljährlichen Termin ebenfalls im Blick haben. Für diese ist das übergreifende Motto der Gegenproteste, ‚80 Jahre Gedenken? Abschaffen!‘ und ‚Naziaufmarsch blockieren‘ in hohem Maße anschlussfähig.“

Was der Verfassungsschutz von den Linksextremen alles erwartet, kann man hier nachlesen.

Im Rahmen der Proteste gegen den rechtsextremistischen „Gedenkmarsch“ sei zu erwarten, dass Linksextremisten versuchen könnten, den politischen Gegner in Sicht- und Hörweite zu konfrontieren.

„Gegenseitige Provokationen sind fester Bestandteil der Auseinandersetzung zwischen der linksextremistischen und der rechtsextremistischen Szene“, meint LfV-Präsident Dirk-Martin Christian. In einer ohnehin angespannten Versammlungslage könne dies die Stimmung zeitweise aufheizen.

Das LfV Sachsen stehe hierzu im engen Austausch mit der Polizei und der Landeshauptstadt Dresden. Was eher danach klingt, als wolle man den Gegenprotest wieder – wie schon in vergangenen Jahren – besonders abschotten. Damit die rechtsextremen Marschierer nur ja nicht mitbekommen, dass es einen Gegenprotest gibt.

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