Deutschland ist schon lange auf Zuwanderung angewiesen. Das erzwingt allein schon die völlig aus dem Lot geratene Demografie. Doch statt endlich ein modernes Einwanderungsgesetz zu schaffen, das Ankunft und Integration der begehrten Fach- und Arbeitskräfte erleichtert, haben die bürgerlichen Parteien die bornierte Argumentation der zuwanderungsfeindlichen AfD übernommen.
Und bei der bürokratischen Verwaltung der schon vorhandenen Zuwanderung klemmt es. Drei Jahre lang müssen Antragsteller in Leipzig darauf warten, bis ihr Einbürgerungsantrag entschieden wird. Ein Unding, findet die Grünen-Fraktion im Leipziger Stadtrat.
„Leipzig eilt der Ruf als vielfältige, offene und inklusive Stadt voraus. Ihr einzigartiger Charakter zehrt zu einem großen Teil davon, dass Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern und mit verschiedenen kulturellen Hintergründen hier ein Zuhause finden, sich einbringen und Leipzig noch einmaliger, bunter und interessanter machen. Umso wichtiger ist es, dass die Menschen, die hier ihr neues Zuhause finden, auch die Möglichkeit erhalten, ihre Rechte auf gesellschaftliche und demokratische Teilhabe auszuüben – durch die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit“, kommentieren sie die eigentlich unhaltbar langen Wartezeiten in Leipzigs Ausländerbehörde.
„Doch die Wartezeit auf die Einbürgerung beträgt in Leipzig aktuell ca. drei Jahre. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat deshalb einen Antrag im Stadtrat eingebracht, der die Personalsituation in der Ausländerbehörde optimieren, den Service für Migrant/-innen verbessern und die Wartezeit auf die Einbürgerung verkürzen soll.“
Im Antrag geht es erst einmal nicht um mehr Personal. Denn das wurde in der Leipziger Ausländerbehörde inzwischen deutlich aufgestockt, auch wenn das noch nicht dazu führt, dass der Bearbeitungsstau sich wirklich auflöst. Den Grünen geht es im Antrag eher um die auch finanzielle Anerkennung der Mitarbeiter/-innen in der Ausländerbehörde, um eine bessere Kooperation mit externen Partnern wie dem Sächsischen Flüchtlingsrat und eine bessere Digitalisierung des Einbürgerungsprozesses.
Komplexes Recht und lange Bearbeitungszeiten
„Aufgrund nach wie vor unbesetzter Stellen sowie einer hohen Fluktuation des Personals in der Ausländerbehörde geht die Abarbeitung der Fälle zu langsam voran“, kommentiert Anne Vollerthun, Stadträtin und migrationspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion den Antrag.
„Dem wollen wir mit einer außertariflichen Zulage begegnen – denn damit lassen sich mehr Mitarbeitende gewinnen und binden. Das Asyl- und Aufenthaltsrecht ist wahnsinnig komplex! Darüber hinaus stehen die Mitarbeiter/-innen in der Ausländerbehörde unter einem hohen Arbeitsdruck. Gleichzeitig haben Migrant/-innen in Leipzig die berechtigte Erwartung, nicht monate- oder jahrelang auf die Bearbeitung ihrer Anliegen warten zu müssen. Deshalb wollen wir die Attraktivität der Stellen in der Ausländerbehörde erhöhen.“
Die Antworten auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion hatten ergeben, dass es vor allem im Bereich Einbürgerung in der Ausländerbehörde noch an verschiedenen Stellen hakt: Zusätzlich zur Besetzung neuer Stellen standen eine interne Strukturreform sowie ein Umzug in neue Räumlichkeiten an.
Aber auch die Digitalisierung lässt auf sich warten: Bisherige Bemühungen der Stadt, ein Online-Antragssystem des Landes Nordrhein-Westfalen zu übernehmen, scheiterten bis dato an den städtischen Fachstandards. Die bündnisgrüne Fraktion fordert deshalb mit ihrem aktuellen Antrag, eine eigene Lösung zur digitalen Antragstellung zu entwickeln, um den 11.400 darauf wartenden Personen endlich eine Einbürgerung nach einer angemessenen, kürzeren Bearbeitungszeit garantieren zu können.
„Aktuell sehen wir, dass Leipziger/-innen mit Migrationsgeschichte in andere Städte abwandern, weil sie hier unverhältnismäßig lang auf die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit warten müssen – dies ist für uns ein großer Verlust“, sagt Anne Vollerthun.
Und: „Eine eigene digitale Lösung für Antragstellung und Antragsmanagement im Bereich Einbürgerung zu entwickeln, hilft sowohl den Antragsteller/-innen als auch den Sachbearbeiter/-innen in der Ausländerbehörde, um den aufgelaufenen Antragsstau zügig und effizient abbauen zu können. Viele Kommunen greifen inzwischen auf dieses Tool zurück – so zum Beispiel auch Bautzen oder Hamburg.“
Schließlich soll der Oberbürgermeister auf Antrag der bündnisgrünen Fraktion auch prüfen, ob die Einrichtung einer externen Beratung zur Einbürgerung die Ausländerbehörde weiter entlasten kann – zum Beispiel durch den Sächsischen Flüchtlingsrat. Eine solche Beratung könnte die Funktion einer Clearingstelle übernehmen – vor allem für besonders komplexe Fallkonstellationen, in denen hoher Beratungsbedarf besteht.
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