Aus guten Gründen hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Zusammenhang mit dem Rahmenplan zum Stadionumfeld auch die Renaturierung des Elsterbeckens beantragt. Immerhin sollte die Verwaltung schon seit drei Jahren prüfen, ob das möglich ist. CDU-Stadträtin Dr. Sabine Heymann wollte deshalb genauer wissen, wie es denn nun um diese Prüfung steht. Doch die Antwort aus der Verwaltung verheißt nichts Gutes. Denn in der Denkmalbehörde ist man regelrecht berauscht vom denkmalgeschützten Anblick des Elsterbeckens.
„In 2022 hat eine Ratsmehrheit beschlossen, die Renaturierung des Elsterbeckens im Rahmen des Auenentwicklungskonzeptes zu prüfen. Im Rahmen eines Änderungsantrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Stadionumfeld wird darauf Bezug genommen“, schickte CDU-Stadträtin Sabine Heymann ihrer Anfrage vorweg.
Doch die Antwort aus dem Amt für Stadtgrün und Gewässer zeigt, wie stark die Beharrungskräfte in der Behörde sind. Als gäbe es weder Klimawandel noch bedrohte Biodiversität und klamme Stadthaushalte. Man hält an jahrzehntealten Projekten fest.
Oder mit den Worten aus dem Amt für Stadtgrün und Gewässer: „Die Entwicklungsperspektiven für das Elsterbecken werden im Rahmen des Auenentwicklungskonzepts für die gesamte Elster-Pleiße-Luppe-Aue, Beschluss-Nr. VII-A-00516-ÄA-02-NF-01, erarbeitet. Diese umfassen die Renaturierung des Elsterbeckens und Entwicklung eines naturnahen und urbanen Elsterparks (vgl. Beschluss-Nr. VII-A-06607), als auch eine Erhaltung des Elsterbeckens aus Denkmalschutzsicht und die Öffnung der Alten Elster. Die verschiedenen Lösungsansätze werden innerhalb der Stadtverwaltung und mit dem Freistaat Sachsen, insbesondere der Landestalsperrenverwaltung, abgestimmt.“
Besonders auf der Bremse steht die Leipziger Denkmalschutzbehörde. Das weiß auch Sabine Heymann. Deswegen fragte sie gezielt nach deren Stellungnahme.
Und hier wird die Stadt in ihrer Antwort nun sehr ausführlich.
Die Wasserfläche ist ein Kulturdenkmal
„Der Richard-Wagner-Hain und das Elsterbecken zwischen Palmengartenwehr (Einzeldenkmal) und Zeppelinbrücke (Einzeldenkmal) stehen gem. § 2 Sächsisches Denkmalschutzgesetz als Kulturdenkmal mit dem Ausweisungsmerkmal Sachgesamtheit (die Parkanlagen zusätzlich als Gartendenkmal) unter Schutz. Die Wasserfläche des Elsterbeckens ist in diesem Bereich elementarer Bestandteil des Kulturdenkmals Richard-Wagner-Hain und von hoher städtebaulicher und gartenkünstlerischer Bedeutung.
Die Gestaltung der historischen Gartenanlage und der denkmalgeschützten Baulichkeiten nehmen direkten Bezug auf die Wasserfläche. Es handelt sich um hochwertige, anspruchsvoll gestaltete Bauwerke. Die sich durch die Wasserfläche ergebenden Spiegelungen sind bewusst gesetzte städtebauliche Akzente (Erzeugung eines Bildes Stadt am Fluss)“, wiederholt das ASG ausführlich die Fantasien, mit denen das Elsterbecken vor über 100 Jahren konzipiert wurde, als es tatsächlich mal mitten in einem neu gebauten Stadtteil liegen sollte. Der aber aus guten Gründen nie gebaut wurde.
Aber zäh hält man daran fest: „Dieses Thema setzte sich auch nördlich der Zeppelinbrücke fort. Beide Seiten des Elsterbeckens waren auch hier ursprünglich gestaltete Freiräume. Der Heinrich-Heine-Park am Westufer, ehemals auch als Uferpark bezeichnet, erstreckte sich ungefähr bis auf Höhe des Motodroms.
Heute ist nur noch der südlichste Abschnitt unmittelbar an der Zeppelinbrücke erhalten und steht unter Denkmalschutz. Auf der Ostseite unterliegen die Anlagen um das Stadion ebenfalls als Sachgesamtheit und Gartendenkmal dem Denkmalschutz. Auch in diesem Abschnitt bestand eine gestalterische Beziehung der Uferanlagen zum Wasserbecken.
Eine Renaturierung des Elsterbeckens ist im denkmalgeschützten südlichen Bereich nur unter Wahrung seiner architektonischen Fassung (Mauern, Terrassen) und seines Erscheinungsbildes (Wasserspiegel, Berücksichtigung von Blickbeziehungen/Sichtachsen) möglich.
Nördlich der Zeppelinbrücke ist eine Renaturierung unter weitgehender Wahrung der östlichen Beckenbegrenzung möglich. Damit kann die Raumkante des Sportforums samt Einfriedung, Zugangsbauwerken, Böschung mit Gehölzen und angrenzender Wegeführung entlang des Flutbeckens erhalten werden.“
Es geht aber auch um die Wasserrahmenrichtlinie
Das alles schränkt die Möglichkeiten, im Elsterbecken wieder einen natürlichen Fluss fließen zu lassen, drastisch ein. Denn den zitierten Wasserspiegel gibt es nur, wenn der Wasserstand im Becken eben nicht abgesenkt wird und der Fluss im Becken wieder mäandern kann.
Das dürfte auch die Landestalsperrenverwaltung vor fast unlösbare Konflikte stellen. Denn genau diese Sichtweise verhindert auch, dass die frei werdenden Sandbänke sich dann auch wieder mit Vegetation besiedeln können, das Elsterbecken also wieder in Funktion treten kann als natürliche Brücke zwischen nördlichem und südlichem Auwald.
Aber indirekt gibt das Amt für Stadtgrün und Gewässer eben auch zu, dass die eigentliche Entscheidungskompetenz bei der Landestalsperrenverwaltung liegt: „Die Entwicklungsperspektiven werden derzeit erarbeitet. Die abgestimmte Entwicklungsperspektive bildet die Grundlage für die notwendigen weiteren Planungsschritte zur Entwicklung des Elsterbeckens. Für die Umgestaltung des Elsterbeckens und die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie an den Gewässern I. Ordnung ist die Landestalsperrenverwaltung zuständig.“
Mit Beibehaltung des „denkmalgeschützten Wasserspiegels“ wird die Wasserrahmenrichtlinie der EU eben nicht erfüllt, sondern ein künstlicher Zustand aufrechterhalten, der keine Verbesserung der Gewässerqualität zulässt.
Eher vernachlässigbar ist die Aussage zu den belasteten Sedimenten, die sich als Sandbänke im Elsterbecken angesammelt haben. „Eine potenzielle Gefährdung durch die Sedimente im Elsterbecken ist für die Entwicklungsperspektive bedeutsam“, schreibt das ASG auf die Frage, ob damit das Betreten der trocken fallenden Stellen eine Gefahr wäre.
Was dann zumindest das Einbauen von Spielanlagen ins Elsterbecken unwahrscheinlich macht. Aber gewiss nicht eine mögliche Rückkehr der flusstypischen Vegetation, die ja mit allen Anträgen zur Renaturierung des Elsterbeckens verbunden ist.
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